Änderung der anerkannten Regeln der Technik- wer zahlt die evt. Mehrkosten der Ausführung?

Der Sachverhalt:

Die Parteien schlossen im Jahr 2006 einen Werkvertrag und legen ihm die VOB/B zugrunde. Später, im Jahr 2007, soll der Auftragnehmer (AN) in Abänderung des Ursprungsvertrags drei Hallen zum Festpreis von 770.000 Euro errichten. Die Gebäudebeschreibung fordert für die Hallen eine Schneelast von 80 kg/qm. Dies entsprach der DIN 1055-5 (1975) und der Baugenehmigung aus dem Jahr 2006. Nach den technischen Vorgaben der geänderten DIN 1055-5 (2005) für Bauvorhaben, die nach dem 01.01.2007 beantragt wurden und die vorab im Jahr 2005 im Weißdruck erschienen war, ist allerdings eine Schneelast von 139 kg/qm anzusetzen. Der AN errichtet die drei Hallen, die Abnahme erfolgt im August 2007. Die Dachkonstruktion biegt sich unter Schneelast durch.

Der Auftraggeber (AG) fordert Mängelbeseitigung, aber erfolglos und klagt sodann vom AN rund 850.000 € Vorschuss für die Mängelbeseitigung ein. Schließlich habe der AN habe die Dachkonstruktion unter Berücksichtigung der nach der DIN 1055-5 (2005) vorgesehenen Schneelast zu ertüchtigen. Das OLG gibt dem AG dem Grunde nach Recht. Sein Vorschussanspruch sei auch nicht um „Sowieso-Kosten“ zu kürzen.

Die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14.11.2017, VII ZR 65/14):

Das Hallen-Gewerk ist mangelhaft. Der AN schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) zum Zeitpunkt der Abnahme. Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.

In einem solchen Fall hat der AN den AG über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem AG bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen- ein ausdrückliches Anmelden von Bedenken ist also erforderlich. Besteht der AG daraufhin auf der Einhaltung der neuen a.R.d.T. mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich wird, steht dem AN nach den u.g. Regeln ein Anspruch auf Mehrvergütung aus § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2006) zu.

Nun kommen wir zum wesentlichen Punkt- wer bezahlt die Mehrkosten? Das kommt darauf an:

Haben die Parteien neben dem Werkerfolg eine bestimmte Herstellungsart nach Vorgaben des AG ausdrücklich vereinbart, wird i.d.R. nur diese durch die Vergütungsvereinbarung abgegolten. Schuldet der AN zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs zusätzlichen Herstellungsaufwand, der nicht von der Vergütung erfasst ist, ist das rechtsgeschäftlich festgelegte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gestört. Im VOB-Vertrag gelten dann § 1 Nr. 3 und 4, § 2 Nr. 5 und 6 VOB/B (2006) für den finanziellen Ausgleich. Ein etwaiger Vorschussanspruch des AG wäre also unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten zu kürzen.

Wenn der Vertrag die Leistung hingegen nur funktional beschreibt, trägt einzig der AN das finanzielle Risiko einer Änderung der a.R.d.T. zwischen Vertragsschluss und Abnahme, vgl. hierzu auch OLG Nürnberg, IBR 2001, Seite 13.