BGH zum Rückzahlungsanspruch des Bürgen bei unwirksamer Sicherungsabrede

Was war passiert?

Der Bürge (B) stellt, vom Auftragnehmer eines Bauwerkvertrags (nachfolgend: Hauptschuldner oder HS) beauftragt, dem Auftraggeber (AG) eine Gewährleistungsbürgschaft. Auf dessen Aufforderung hin leistet B aus der Bürgschaft. Allerdings stellt B danach fest, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des AG vorformulierte Sicherungsabrede im Verhältnis zwischen dem AN und dem AG unwirksam ist; sie sieht nämlich den uneingeschränkten Ausschluss der Aufrechenbarkeitseinrede (§ 770 II BGB) vor, vgl. BGH vom 24.10.2017, Geschäftsnummer XI ZR 600/16.

Wie entscheidet der Bundesgerichtshof?

Wir nehmen das Ergebnis vorweg. Er urteilt: „Ein Bürge, dem wegen der Unwirksamkeit der Sicherungsvereinbarung nach § 768 I 1 BGB eine dauerhafte Einrede gegen den Gläubiger zustand, kann das von ihm dennoch Geleistete nach § 813 I 1 BGB vom Gläubiger zurückverlangen“.

Die Unwirksamkeit einer Sicherungsabrede im Bauwerkvertrag bedeutet nicht automatisch die Unwirksamkeit des Bürgschaftsvertrags. Gleichwohl kann B gem. § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB das von ihm Geleistete vom AG zurückverlangen (vgl. amtlichen Leitsatz). Die Bürgschaft begründet eine eigene schuldrechtliche Verpflichtung, die vom Bestand der Hauptschuld unabhängig ist.

Die Zahlung des B an den AG diente zum Zweck der Erfüllung dieser eigenen Bürgschaftsverbindlichkeit. § 813 I 1 BGB stellt diese Leistung zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit, der eine dauerhafte Einrede entgegensteht, der Leistung ohne Rechtsgrund nach § 812 I 1 BGB gleich. B erhält dadurch einen eigenen Zahlungsanspruch gegen den AG.

BGH, Urteil vom 24.10.2017, Geschäftsnummer XI ZR 362/15.

Praxistipp:

Zu erbringenden Sicherheiten, speziell die ihnen zugrunde liegende Abreden und die in Vertragsbedingungen vorformulierten Bedingungen beschäftigen die am Bau Beteiligten, ihre Juristen und die Gerichte pausenlos. Sorgfalt bei der Formulierung und umfassende Kenntnis der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen an die Wirksamkeit solcher Abreden sind Grundvoraussetzungen, um Erfüllungsansprüche und Mängelrechte z.B. im Fall der Insolvenz des AG wenigstens zum Teil über die gegebenen Sicherheiten durchsetzen zu können- und eine Zahlung des Bürgen auch endgültig behalten zu dürfen. Kritisch sind etwa die zulässige Höhe der Bürgschaftssumme, der Umfang der Sicherung und die Abgrenzung der Sicherungsabrede einer Vorauszahlungsbürgschaft und einer Erfüllungsbürgschaft von der Bürgschaft für Mängelrechte.