Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit einer Indexmietklausel

Was war passiert?
Ein Wohnraummietvertrag aus dem Jahr 2007, den der Vermieter (V) dem Mieter (M) als Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgegeben hatte, legte formularvertraglich fest:

"Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex um mindestens 3%, kann jeder Vertragspartner durch schriftliche Erklärung und unter Angabe der eingetretenen Indexänderung eine Anpassung der Miete um den entsprechenden Prozentsatz verlangen, sofern der Mietzins jeweils mindestens ein Jahr unverändert bestand."

Nach gut zehn Jahren forderte der V im Dezember 2017 mit Hinweis auf die o.g. Klausel erstmals eine Erhöhung der vertraglich vereinbarten Miete um 120 Euro. Er begründete die Erhöhung damit, dass der Verbraucherpreisindex (VPI) zu Beginn des Mietverhältnisses bei 95,8 Punkten und zum 30.11.2017 bei 109,4 Punkten gelegen habe. Daraus errechnet er eine prozentuale Erhöhung der Miete um 13,5% auf dann 121,50 Euro.

Wie entscheidet der Bundesgerichtshof? **
**Die Klage des V auf Erhöhung der Miete ist in allen drei Instanzen erfolgreich. Der Bundesgerichtshof problematisierte bei seiner Prüfung dreierlei:
Ist das Transparenzgebot des § 307 I Satz 2 BGB verletzt? § 307 regelt, dass sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben kann, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Denn der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass die Formulierung wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen läßt, wie der Vertragspartner dies nach den Umständen des Einzelfalls fordern kann. Beurteilungsmaßstab dafür sind die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses:

„Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typi-
schen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen
Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten
Kreise verstanden werden.“

Ergebnis der Prüfung: Die von M gerügte fehlende Angabe des Basisjahres für den Index schadet dem V nicht (Entscheidungsgründe, Rn 26 ff.). Was bedeutet das? Die Preisentwicklung im VPI wird jeweils als Indexzahl mit Bezug auf ein Basisjahr (derzeit 2015, zuvor 2010) und dieses im Jahresdurchschnitt mit 100 Punkten angegeben. Dieses Basisjahr wird alle fünf Jahre umgestellt. In diesem Zuge wird unter Berücksichtigung der Preisentwicklung neu berechnet, außerdem werden auch die einzelnen Güter und Dienstleistungen, deren Kosten in den Index einfließen, neu gewichtet. Schließlich werden i.d.R. auch methodische Veränderungen in der Datenerhebung und -verarbeitung umgesetzt. Mit der Umstellung auf ein neues Basisjahr werden die bisherigen Indexwerte auf dieses Basisjahr umgerechnet. Die zuvor unter Zugrundelegung des alten Basisjahres veröffentlichten Indexreihen verlieren rückwirkend ihre Gültigkeit.
Der BGH argumentiert: Bei der streitigen Indexklausel, die an prozentuale Änderungen anknüpft, bedarf es einer Angabe des Basisjahres zur Berechnung der Mietänderung aus den o.g. Gründen nicht. Die Parteien wollten nämlich mangels anderweitiger Hinweise den aktuell geltenden Index mit seinem Basisjahr verwenden. Einer zusätzlichen Erläuterung, wie sich die Mietänderung im Einzelfall berechnet, bedarf es nicht (Entscheidungsgründe, Rn.30).

Zweiter Prüfungsschwerpunkt des BGH war die Rüge des M, die Klausel gebe nicht an, wann die Jahresfrist begann. Denkbar seien zwei Varianten, nämlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder dessen Beginn. Nach Ansicht des BGH wird diese Frage erst bei Prüfung der Wirksamkeit der konkreten Erhöhungserklärung relevant. Man könne die Klausel insoweit auslegen.

Drittens meint der BGH, der Wirksamkeit der Indexmietklausel stehe auch nicht entgegen, dass in ihr nicht ausdrücklich angegeben ist, ob sich die Bruttomiete oder die Netto-
kaltmiete (prozentual zum Verbraucherpreisindex) ändert: Bei einer - wie hier - vereinbarten Nettokaltmiete mit abzurechnenden Betriebskostenvorauszahlungen werde lediglich die Nettokaltmiete von der Indexierung erfasst. Die Betriebskostenvorauszahlungen nehmen nicht an der Änderung nach dem Index teil.
Bundesgerichtshof, Urteil VIII ZR 42/20

Praxistipps

Die Wirksamkeit einer Indexklausel oder anderer „marktüblicher“ Wertsicherungsklauseln hat hohe wirtschaftliche Bedeutung. Ist sie unwirksam wegen eines Verstoßes gegen das Preisklauselgesetz, bedarf es aus Mietersicht einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit. Bis dahin bleibt die Klausel wirksame Grundlage für Mietanpassungen. Im Fall einer Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen die §§ 305 ff BGB (Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) ist dies nicht zwingend erforderlich. Eine Prüfung kann aus Sicht beider Parteien Gewissheit bringen, ob eine Mieterhöhung erfolgreich durchsetzbar ist.
Manche Indexklauseln stellen nicht auf die prozentuale Veränderung ab, sondern darauf, ob die Indexentwicklung einen bestimmten Punktwert erreicht. Diese Klauseln müssen auch nach Ansicht des BGH das Basisjahr zwingend angeben!**