Bundesgerichtshof (BGH) zur „Anbietpflicht“ des Vermieters bei Eigenbedarfskündigung

Grundsätzlich ist ein Vermieter verpflichtet, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten. Denn der Wohnung kommt als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen besondere Bedeutung von Verfassungsrang zu. Deshalb fordert die Rechtsprechung, dass der Vermieter dem von der Kündigung betroffenen Mieter eine ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende alternative Wohnung anbietet- vorausgesetzt diese befindet sich im selben Haus oder derselben Wohnanlage (Urteil des BGH, abgedruckt in WuM 2010, Seite 757). Er ist aber nur verpflichtet, eine bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freiwerdende Wohnung anzubieten; wird sie erst im Laufe eines Räumungsprozesses frei, gilt dies nicht mehr (Urteil des BGH, abgedruckt in WuM 2003, Seite 463). Die Rechtsprechung hat in einer Vielzahl von Einzelfallentscheidungen nahezu alle denkbaren Konstellationen behandelt. Diese Urteile behandeln etwa die Frage, wann eine leer stehende Wohnung mit der gekündigten „vergleichbar“ ist und deshalb die Anbietpflicht dem Grunde nach besteht und klären sogar die Rechte des Mieters auf Grundbucheinsicht zur Prüfung des Immobilienvermögens des Vermieters.

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 14. Dezember 2016 seine bisherige Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die o.g. Anbietpflicht geändert: galt eine Eigenbedarfskündigung unter Verstoß gegen die Anbietpflicht bisher als rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam, so hat der BGH nun ausgesprochen, dass dem Mieter allenfalls Ersatzansprüche in Geld für hierdurch entstandene Schäden (etwa Umzugs- und Maklerkosten) zustehen könnten. Der Verstoß gegen die Anbietpflicht sei nämlich als eine Verletzung der mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten des Vermieters gemäß § 241 II BGB zu qualifizieren, lasse die Kündigung an sich aber unberührt.
BGH, Urteil vom 14.12.2016, Geschäftsnummer VIII ZR 232/15.

Praxistipp: Angesichts der schier unüberschaubaren Rechtsprechung kann nur die Beratung durch einen Fachanwalt sicher klären, ob eine Anbietpflicht im Einzelfall besteht- gleiches gilt für die weiteren mit Eigenbedarfskündigungen aus Vermieter- wie aus Mietersicht verbundenen Fragen, etwa:

Für welchen Personenkreis kann der Vermieter wirksam Eigenbedarf anmelden? Wann liegt demgegenüber „vorgeschobener Eigenbedarf“ vor und welche rechtlichen Folgen hat er?