Der Architekt kann die Baumangelbeseitigung nicht durch Geschäftsbedingungen an sich ziehen

Was war passiert?
Der Bauherr und der Trockenbauer streiten über dessen eingeklagte Schlussvergütung; der Bauherr behauptet Schallmängel der Wohnungstrennwände und will wegen Planungs-, Überwachungs- und Ausführungsmängeln nicht zahlen, ferner verkündet er seinem Architekten (beauftragt mit der Vollarchitektur, Leistungsphasen 1-9 nach der HOAI) den Streit. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige bestätigt die Mängel, das Gericht verurteilt den Trockenbauer u. a. zur Mängelbeseitigung gegen Kostenbeteiligung von 15.000 Euro wegen Planungsmängeln. Der Trockenbauer beseitigt die Mängel aber nicht. Deshalb verklagt der Bauherr nun den Architekten auf Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten. Der Architektenvertrag- von dem Architekten als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) gestellt, enthält die Klausel
"Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird."

Der Architekt beruft sich auf die zitierte Selbsteintrittsklausel; Landgericht und Oberlandesgericht halten diese für wirksam und weisen die Klage gegen den Architekten ab.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH):
Der BGH stuft die Klausel als unwirksam ein. Die Klausel benachteiligt den Bauherrn entgegen Treu und Glauben unangemessen. Denn der Architekt schuldet wegen eines verschuldeten Planungs- oder Überwachungsfehlers, der sich im Bauwerk bereits verwirklicht hat, grundsätzlich Schadensersatz in Geld, nicht aber „Naturalherstellung“ i.S.e. Nachbesserung. Der Anspruch des Bauherren ist eine Form des Schadensersatzes neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Die streitige Klausel beschränkt diesen Anspruch des Bauherrn , ohne ihm einen angemessenen Ausgleich oder das Recht zu gewähren, die Ausübung der Selbstbeseitigungsoption ablehnen zu können. Das folgt schon daraus, dass die Klausel auch Sachverhalte erfasst, in denen der Bauherr die Beseitigung des Schadens am Bauwerk selbst nicht mehr vornehmen und sich mit einem finanziellen Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts begnügen will. Ferner ist die Klausel auch dann anwendbar, wenn der Bauherr infolge der mangelhaften Leistung des Architekten das Vertrauen in dessen Kompetenz und Leistungsfähigkeit verloren hat und ihm deshalb eine Beseitigung durch den Architekten unzumutbar ist. Schließlich verkürzt die Klausel das Recht des Bauherrn, den mit der Beseitigung der Mängel am Bauwerk zu beauftragenden Unternehmer selbst auswählen zu können. Die Klage ist deshalb erfolgreich! Urteil vom 16.02.2017 – VII ZR 242/13.

Praxistipp:
Wünscht der Architekt ein solches zwingendes Selbsteintrittsrecht zu seinen Gunsten, bleibt ihm nur der Weg über eine so genannte Individualvereinbarung. Dies erreicht er nur sehr schwer, nämlich wenn er die Variante des Selbsteintrittsrechts nachweisbar ohne sie „aufzuoktroyieren“ in Verhandlungen einführt und zur Disposition stellt, m.a.W. den Bauherrn frei entscheiden lässt, ob man das Eintrittsrecht im Vertrag verankert.