Ein Baumangel löst Untersuchungs- und Mitteilungspflicht aus! OLG Celle, Urteil vom 05.03.2015 (6 U 101/14), BGH, Beschluss vom 30.07.2015 (VII ZR 57/15- Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen).

Der Kläger betraut in 1998 den beklagten Architekten mit den Leistungen der Leistungsphasen (LPh) 1 bis 8 nach HOAI für die Errichtung eines Gewerbeobjekts. Das Gebäude wurde am 1999 in Betrieb genommen, die Schlussrechnung des Architekten im Juni 2000 beglichen. Im März 2002 kommt es an einem Dachflächenfenster zum Wassereintritt. Der Kläger rügte mit Schreiben vom März 2002 den Mangel ggü. dem Architekten. Dieser veranlasste die Nacherfüllung durch den ausführenden Handwerker, die jedoch nicht erfolgreich war: es treten in der Folgezeit weitere Undichtigkeiten an den Dachflächenfenstern auf. Mit der im November 2011 zugestellten Klage gegen den Architekten verlangt der Bauherr Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern, der Architekt beruft sich auf Verjährung.

Die Entscheidung: Die Undichtigkeiten resultieren auf einem Planungs-, zumindest aber auf einem Überwachungsfehler des Architekten, er haftet also dem Grunde nach. Der Anspruch ist nicht verjährt. Der Beklagte kann nach den Grundsätzen der Sekundärhaftung keine Verjährung einwenden. Denn er hätte, als er im Jahr 2002 von den Wassereinbrüchen erfuhr, deren Ursache untersuchen und den Bauherrn darauf hinweisen müssen, dass hierfür auch seine eigenen Versäumnisse schadensursächlich sind. Dann hätte der Kläger gegen den Architekten verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen können.

Der "Sekundäranspruch" unterliegt der regelmäßigen Verjährung. Diese begann mit der Verletzung der Untersuchungs- und Hinweispflicht. Deshalb lief frühestens seit dem Jahr 2002 die zehnjährige Verjährung des § 199 III Satz 1 Nr. 1 BGB. Der Bauherr hatte erst durch ein Gutachten im Jahr 2011 von der Verantwortlichkeit des Architekten Kenntnis erlangt, so dass die dreijährige Verjährung des § 195 BGB auch erst ab Ende 2011 gelaufen wäre (BGB § 199 I Nr. 2).

Praxistipp: Die LPh 9 muss nicht übertragen werden, um eine Sekundärhaftung auszulösen, und dies bedeutet: der Architekt, der nach Beendigung und Abnahme seiner Leistungen der LPh 8 von Baumängeln erfährt, muß deren Ursachen sogar auch dann untersuchen, wenn er mit der Objektbetreuung, also der LPh 9, gar nicht beauftragt wurde! Jeder Bauherr sollte deshalb vorsorglich auch den nur bis zur LPh 8 beauftragten Architekten von nach Fertigstellung der Baumaßnahme aufgetretenen Mängelsymptomen unterrichten.