Gewerbemiete: Schriftformerfordernis bei Änderung der Miethöhe!

Die Entscheidung: Soweit sie für über ein Jahr vereinbart erfolgt und der Vermieter sie nicht jederzeit widerrufen kann, ist die Änderung der Miethöhe stets eine wesentliche und dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.11.2015, Az. XII ZR 114/14) äußert sich in diesem Zusammenhang auch zu der oft diskutierten Frage: Wann kann eine Vertragspartei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß gehindert sein, sich auf einen Schriftformmangel zu berufen? Es darf wegen Schriftformverstoßes gekündigt werden, obwohl die Vertragslaufzeit weitere sechs Jahre beträgt (weil es gerade die langfristige Bindung ist, die von der Einhaltung der Schriftform abhängt), der Änderungsbetrag der nur mündlich geänderten Miete relativ geringfügig ist und obwohl die Parteien haben ihre mietvertraglichen Pflichten über einen längeren Zeitraum bis zur Kündigung die mietvertraglichen Pflichten erfüllt haben!

Was war geschehen? Im Jahr 2001 werden mit schriftlichem Vertrag Räume für einen Zahnarztpraxisbetrieb vermietet. Die Parteien schlossen sodann im Jahr 2005 einen neuen schriftlichen Vertrag bis zum 30.04.2020, der sich auf weitere (Praxis-)Räume in dem Objekt erstreckt. Sie legen eine monatliche Miete von 1.350 Euro fest. Kurz darauf vereinbarte einer der Mieter mit dem Vermieter mündlich, die monatliche Miete ab 01.01.2006 um 20 Euro auf 1.370 Euro zu erhöhen. Die Rechtsnachfolger des Vermieters, seine Erben, zetteln Streit an, der zu einer mieterseitigen außerordentlichen und dann zu einer ordentlichen Kündigung führte, die man auf einen Schriftformverstoß stützt. Die Mieter klagen sodann auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses zu den erklärten Kündigungsterminen.

Die Entscheidung:
Die Vorinstanz muss weiter aufklären, die Mieter erzielen aber immerhin einen Teilerfolg: Der BGH nimmt zu einigen Aspekten der Schriftformverstöße zu ihren Gunsten abschließend Stellung. Von hoher Praxisrelevanz ist: Die nicht dokumentierte Mietänderung bewirkt trotz des geringen Betrags einen Schriftformverstoß. Denn jede Änderung der Miete, so geringfügig sie auch sein mag, ist formbedürftig: die Miethöhe ist per se ein vertragswesentlicher Punkt, der für einen potenziellen Grundstückserwerber von besonderem Interesse ist, und zwar auch deshalb, weil auch geringe Beträge bei einer Kündigung nach § 543 II. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB irgendwann zum Überschreiten des Schwellenwerts für eine Kündigung führen kann!

Auch die Rechtssicherheit erfordert, so der BGH, diese strenge Sichtweise wegen der Vielzahl möglicher Mietvereinbarungen. Der Mieter war aus den o.g. Gründen auch nicht gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich auf den Schriftformverstoß zu berufen.

Praxisrelevanz: Diese strenge Auffassung ist großer Kritik ausgesetzt, weil einen potenziellen Erwerber ganz unerhebliche Änderungen der Miethöhe in der Regel nicht interessieren und eine feste Wesentlichkeitsgrenze nicht zwingend ist. Da der Bundesgerichtshof nun aber diese Sichtweise vertritt, müssen Mieter und Vermieter bei Vertragsänderungen der hier diskutierten Art ausnahmslos mit schriftlichen Nachträgen arbeiten.