Heilungsklauseln in Gewerbemietverträgen als Allheilmittel bei Schriftformverstößen?

Die Problemstellung: § 550 BGB bestimmt, dass für Mietverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr die Schriftform einzuhalten ist. Dass bedeutet, dass auch vermeintlich geringfügige Änderungen der vertraglichen Regelungen, beispielsweise durch E-Mail-Wechsel, telefonische Vereinbarung o.ä. gravierende Konsequenzen haben können, wenn sie nicht per Vertragsnachtrag verschriftlicht werden: der Vertrag gilt dann als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“. Er ist folglich trotz einer eventuell auf Jahrzehnte angelegten Laufzeit durch jede Partei mit der gesetzlichen Frist kündbar! Selbst wenn keine Partei von diesem Recht Gebrauch macht, kann der Schriftformverstoß aber auch unerwartete finanzielle Auswirkungen haben: In bestimmten Fällen ist eine Wertsicherungsklausel im Vertrag, die an eine Indexveränderung anknüpft, aufgrund des Schriftformverstoßes unwirksam.

Dieses Thema ist extrem praxisrelevant und gefährlich, denn Erwerber von Immobilien, die nach dem Gesetz in bestehende Mietverträge über Teile des Objekts oder das ganze Objekt eintreten, suchen häufig geradezu nach einer außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit. Eine solche Kündigung erleichtert nämlich die Pläne des Erwerbers, entweder die Immobilie ohne lästige Bestandsmieter zu entwickeln oder aber Druck auf den Mieter auszuüben, dem Vermieter günstigere Konditionen im Rahmen eines Neuverhandelns zu akzeptieren. Der Mieter seinerseits will oft genug einen unrentablen Vertrag „loswerden“. Vor vermeintlich pragmatischen Vertragsänderungen „nebenbei“ kann man also nur warnen!

Viele Verträge enthalten als „Sicherungsnetz“ für den Fall (mehr oder weniger) unbewusster Schriftformverstöße eine Heilungsklausel. In ihr verpflichten sich die Parteien sinngemäß dazu, alles zu tun, um einen eventuellen Schriftformverstoß zu heilen, etwa durch einen Nachtrag zum Vertrag. Über die Wirksamkeit solcher Klauseln haben Oberlandesgerichte ebenso häufig wie unterschiedlich entschieden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bislang ausdrücklich offengelassen, ob Schriftformheilungsklauseln zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien wirksam sind (zuletzt BGH, abgedruckt in IMR 2014, Seiten 155 und 330). Eine höchstgerichtliche Entscheidung des BGH existiert hierzu nicht; die Wirksamkeit der Kündigung einer Vertragspartei unter Berufung auf den Schriftformverstoß hat deshalb je nach OLG- Bezirk unterschiedliche Erfolgsaussichten.

Aktuell hat das OLG Frankfurt (Urteil vom 27.02.2015, 2 U 144/14, nicht rechtskräftig) entschieden:

„Eine Schriftformheilungsklausel in einem Gewerberaummietvertrag ist wirksam. Sie hindert den Grundstückserwerber jedoch nicht an einer ordentlichen Kündigung wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform.“

Zum Vergleich die für das Umland zuständigen Instanzgerichte: Das OLG Düsseldorf (IMR 2013, Seite 105) hält eine Schriftformheilungsklausel für unwirksam, das OLG Hamm (für Essen zuständig, siehe IMR 2013, 329) sieht es diametral entgegengesetzt!