BGH: Vorbehaltslose Ausübung einer Verlängerungsoption hat keinen Einfluss auf das Recht zur Mietminderung

Zieht der Mieter seine Verlängerungsoption, führt das nicht gemäß oder entsprechend § 536b BGB dazu, dass er für die Zukunft mit seinen Rechten aus §§ 536, 536a BGB ausgeschlossen ist- gleichgültig, ob er sich diese Rechte vorbehalten hat oder nicht. BGH, Urteil vom 14.10.2015, Az: XII ZR 84/14 (bestätigt das Urteil des BGH vom 05.11.2014, XII ZR 15/12).

Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche aus einem Gewerbemietvertrag. Der Mieter behauptet Mängel an der Mietsache und verlangt im Klageweg schließlich die Rückzahlung eines Teils der Miete. Der Vermieter verteidigt sich recht kreativ: Der Mieter habe in Kenntnis der Mängel eine Verlängerungsoption gezogen, ohne hierbei Vorbehalte anzumelden, außerdem sei die Betriebskostenvorauszahlung nachträglich einvernehmlich angepasst worden. Wegen dieser beiden Umstände habe der Mieter den Zustand der Mietflächen einschränkungslos akzeptiert. Eine Minderung der Miete sei daher in entsprechender Anwendung des § 536 b BGB ausgeschlossen.

Der BGH sieht das anders. Denn nach § 536b BGB verliert der Mieter sein Recht zur Mietminderung nur, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss oder bei Übernahme der Mietflächen kennt. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Mieter hierdurch zum Ausdruck bringt, die Mietsache sei in diesem Zustand vertragsgemäß. Der BGH argumentiert anhand des Gesetzestextes und des Zwecks der Regelung, dass die Vorschrift auf eine spätere Optionsausübung oder eine Änderung der Miethöhe nicht entsprechend anwendbar sei. Der maßgebliche Unterschied besteht nach Auffassung des BGH darin, dass der Vertragsschluss bzw. die Annahme der Mietsache den Beginn des Mietverhältnisses betreffe, während die Verlängerungsoption bzw. eine Änderung der Miethöhe im Rahmen des schon bestehenden Mietverhältnisses erfolge. Insofern sei der vorliegende Fall mit dem gesetzlich geregelten Fall in § 536b BGB nicht vergleichbar.
Praxistipp:
Die erste o.g. Entscheidung aus November 2014 brachte die Klärung einer lange umstrittenen Rechtsfrage. Der BGH hat diese Rechtsprechung nun im Oktober 2015 bestätigt. Durch die vorliegenden Entscheidungen ist diese Frage für die Praxis nun endgültig geklärt. Ein "Hintertürchen" lässt das höchste deutsche Zivilgericht für den Vermieter jedoch offen: Er weist darauf hin, dass auch nachträgliche Änderungen einzelner Vertragsbestimmungen im Einzelfall zu einem Verlust des Minderungsrechts führen können. Nach der Bestätigung des ersten Urteils aus 2014 dürfte dies jedoch auf Ausnahmen beschränkt sein, in denen der Mieter durch erhebliche weitere Umstände zum Ausdruck bringt, dass die Mietsache seinen Vorstellungen entspricht.