Schriftformheilungsklausel im Gewerbemietvertrag: Geltung gegenüber Erwerbern? Unwirksam!

Was war passiert?

Ein Gewerbemietvertrag mit einer Laufzeit von über 10 Jahren regelt, dass jede Partei eine Neufestsetzung der Miete verlangen kann, wenn sich der Verbraucherpreisindex (VPI) in einem bestimmten Umfang ändert. Der Vertrag enthält auch folgende Klausel:

"Sollte dieser Vertrag oder seine Nebenabreden ganz oder teilweise nicht der Schriftform des § 550 BGB genügen, so kann keine Partei das vorzeitige Kündigungsrecht des § 550 Satz 2 BGB geltend machen. Beide Parteien verpflichten sich in diesem Fall, alles Notwendige zu tun, um die Schriftform herbeizuführen. Das Gleiche gilt für Ergänzungen und Nachträge."

Die Mieter zahlen, vom Vermieter im Laufe des Mietverhältnisses, um eine höhere Mietzahlung ersucht, eine erhöhte Miete. Es bleibt bei der mündlichen Abrede hierüber.
Später verweigert der Vermieter die Zustimmung zu einer Untervermietung. Die pikierten Mieter kündigen den Vertrag fristlos und zahlen nichts mehr. Der Vermieter klagt deshalb einen Teil der offenen Miete erfolgreich ein; das OLG Düsseldorf beurteilt die fristlose Kündigung als unwirksam (Urteil vom 16.02.2016, 24 U 63/15, IMRRS 2016, 0861). Später klagt der Vermieter neuere ausgebliebene Mietzahlungen ein. Die Mieter tragen in diesem zweiten Verfahren erstmals vor, dass die fristlose Kündigung wegen verweigerter Untervermietung in eine ordentliche nach § 550 BGB umzudeuten sei.

Wie entscheidet das Gericht?

Das OLG deutet die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung um, die nach § 550 BGB erfolgreich ist: Der Schriftformverstoß liege darin, dass die Parteien die im Vertrag vereinbarte Miete nachträglich durch eine schlüssige Vereinbarung abgeändert haben, ohne sie schriftlich in einem allseits unterzeichneten Nachtrag festzuhalten. Die vorzeitige ordentliche Kündigung nach § 550 BGB war auch nicht deshalb unwirksam, weil die Mieter zur Nachholung der Schriftform wegen der Heilungsklausel verpflichtet gewesen wären. Denn diese ist nach § 307 II Nr. 1 BGB ihrerseits unwirksam: Nach Ihrem Wortlaut verpflichtet sie undifferenziert jeden, also auch einen Erwerber, an einer Anpassung mitzuwirken. Diesen zunächst unbeteiligten Dritten können die ursprünglichen Vertragsparteien aber gerade nicht hierzu verpflichten, weil § 550 ihn schützen will! Eine geltungserhaltende Reduktion ist bei einer nicht zwischen den ursprünglichen Mietparteien und dem Erwerber differenzierenden Klausel ausgeschlossen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2012, IMRRS 2013, 0001). Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners des Verwenders liege ferner vor, wenn ihm die Berufung auf das vorzeitige Kündigungsrecht selbst für den Fall verwehrt wird, dass der Versuch der Behebung des Formmangels scheitert, weil die Parteien sich nicht auf eine formwirksame Regelung einigen können oder der andere Teil bei der Gelegenheit weitere Vertragsänderungen durchzusetzen versucht. Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.04.2017, 24 U 150/16 (nicht rechtskräftig).

Praxistipp:

Das OLG hat die Revision zum BGH wegen sich widersprechender obergerichtlicher Entscheidungen (u.a. OLG Frankfurt/Main, OLG Düsseldorf) zugelassen, um zu klären, ob Schriftformheilungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden können. Bis zur Entscheidung des BGH empfiehlt es sich, in jeder Schriftformheilungsklausel eine Bindung des Erwerbers und des Nießbrauchers der Immobilie an die Anpassungspflicht ausdrücklich auszuschließen. Auf Wunsch arbeiten wir eine von uns formulierte Klausel in Ihr Vertragsmuster ein.