Sekundärhaftung des Architekten bei Verletzung der Untersuchungs- und Mitteilungspflichten: Urteil des OLG Hamm vom 16.07.2013, 26 U 116/12

Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 10.02.2016, VII ZR 230/13 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Grundsätzlich gilt: Der mit der „Vollarchitektur“ beauftragte Architekt hat dem Bauherrn auch nach Beendigung seiner eigentlichen Tätigkeit zu unterstützen, wenn Baumängel zu beheben sind. Die Rechtsprechung betrachtet ihn als „Sachwalter“; damit muss er die Ursachen sichtbarer Baumängel unverzüglich und umfassend aufklären und den Bauherren sachkundig über das Ergebnis der Untersuchung unterrichten- ebenso von der sich daraus ergebenden Rechtslage. Verletzt der Architekt diese Untersuchungs- und Mitteilungspflichten, tritt die „Sekundärhaftung“ ein. Das bedeutet, dass der Architekt die Verjährungseinrede nicht erheben kann. Ansprüche aus dieser Sekundärhaftung verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.

Was war passiert?
Der Architekt schuldet die Leistungen der Leistungsphasen 1-9 der HOAI (so gen. „Vollarchitektur“). Ein Baugrundgutachter empfiehlt als Alternative zur geplanten Pfahlgründung eine Flachgründung, diese wird geplant und ausgeführt wurde. Die Architektenleistungen und die der ausführenden Unternehmer sind Jahr 1995 beendet. In 2004 treten Mängel auf. Der o.g. Baugrundgutachter unterbreitet im Jahr 2004 einen Sanierungsvorschlag. Erst in 2009 leitet der Bauherr ein Beweisverfahren ein. Der Bauherr meint, , der Architekt könne sich nicht auf die Verjährungseinrede berufen, weil er gegen seine ihm obliegenden Planungs-, Aufklärungs- und Untersuchungspflichten verstoßen habe.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts:
Ansprüche aus der Sekundärhaftung sind bereits verjährt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt dem OLG Hamm die Marschroute vor: Die Verletzung der Offenbarungspflicht ist als Nebenpflichtverletzung anzusehen, deshalb gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Maßgeblich für diese Ansicht ist; regelmäßig liegt die erforderliche Kenntnis von allen den Anspruch begründenden Umständen vor, wenn dem Bauherrn die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Der Geschädigte muss hingegen nicht alle Details kennen, die für die Beurteilung möglicherweise wichtig sind; er muss auch nicht schon über hinreichend sichere Beweismittel verfügen, um seine Klage im Wesentlichen risikolos einreichen zu können. Nach Ansicht des BGH hatte die Verjährungsfrist am 31.12.2004 begonnen, weil der Bauherr in jenem Jahr Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hatte. Die Verjährung der Sekundärhaftung ist deshalb mit Ablauf des 31.12.2007 eingetreten. Die Sekundärhaftung des Architekten ist folglich verjährt, er darf sich mit Erfolg auf die Verjährung der primären Gewährleistungsansprüche berufen.