(Ungeordneter) Brexit - Fristverlängerung für Verschmelzungen englischer Gesellschaften nach Deutschland

Der deutsche Gesetzgeber hat für englische Gesellschaften den Fluchtweg in die Bundesrepublik Deutschland mittels grenzüberschreitender Verschmelzungen auch für den Fall des ungeordneten Brexits gesichert, solange die Beurkundung des Verschmelzungsplans vor dem Tag des Ausscheidens des Vereinigten Königreiches aus der EU erfolgt ist.

Mit dem vierten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes wurde § 122m UmwG als Sondervorschrift für vom Brexit betroffene Gesellschaften in das Umwandlungsgesetz aufgenommen. Die Vorschrift ermöglicht die grenzüberschreitende Verschmelzung von einer dem Recht des Vereinigten Königreichs unterliegenden Gesellschaft auf eine deutsche Gesellschaft nach den Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmelzungen (§§ 122a ff. UmwG) auch noch nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU, sofern der Verschmelzungsplan vor dessen Ausscheiden aus der EU oder vor Ablauf eines Übergangszeitraums, innerhalb dessen das Vereinigte Königreich in Deutschland weiterhin als Mitgliedstaat der EU gilt, notariell beurkundet und die Verschmelzung unverzüglich zur Eintragung in das Handelsregister - spätestens aber zwei Jahre nach dem Ausscheiden – angemeldet worden ist.

Englische Kapitalgesellschaften haben somit einen weiteren Gestaltungsweg erhalten, um noch kurzfristig ihren Umzug in die Bundesrepublik Deutschland zur Beibehaltung ihrer EU-Zugehörigkeit umzusetzen. Insbesondere die von deutschen Unternehmern in England gegründeten „private company limited by shares“ (sog. Ltd.) mit Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland können diesen Weg nutzen, um den ansonsten am Ausscheidestichtag unumgänglich eintretenden Verlust ihrer Niederlassungsfreiheit, der damit verbundenen Anerkennung als rechtsfähige Gesellschaft und damit der Haftungsbeschränkung der Gesellschafter zu vermeiden. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden diese Gesellschaften andernfalls als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder bei nicht Gewerbe betreibenden Gesellschaften als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit akzessorischer Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaften behandelt werden.
Da die Änderung des Umwandlungsgesetzes allerdings nicht auf einer gemeinschaftsweit geltenden Richtlinienvorgabe des europäischen Gesetzgebers, sondern auf der alleinigen Initiative des deutschen Gesetzgebers beruht, bleibt offen, ob die englischen Gerichte sich im Rahmen des Registerverfahrens ohne eine gesetzliche Sonderreglung im englischen Recht der deutschen Verfahrensweise anschließen, insbesondere die Verschmelzungsbescheinigung (§ 122 l UmwG) nach dem Ausscheidestichtag erteilen werden.

Mit der zeitgleichen Änderung von § 122 b Abs.1 Nr.2 ist die Verschmelzung englischer Gesellschaften nunmehr auch auf bereits bestehende oder neuzugründende Personengesellschaften (GbR, OHG, GmbH & Co.KG, KG) möglich, die bisher von dem grenzüberschreitenden Verschmelzungsverfahren ausgenommen waren.