Unklare Überwälzung von Grundsteuererhöhungen auf den gewerblichen Mieter in AGB

Die in einem Gewerbemietvertrag über allgemeine Geschäftsbedingung "Die Grundsteuer zahlt die Vermieterin. Erhöhungen gegenüber der bei Übergabe des Objekts erhobenen Grundsteuer tragen die Mieter." ist nicht eindeutig formuliert und daher zu Lasten des Verwenders auszulegen. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.02.2016, XII ZR 183/13.

Was war geschehen?
Die Parteien haben im März 2007 einen Gewerbemietvertrag geschlossen. In den Räumen betreibt der Mieter später ein Warenhaus. Es wird seinerzeit „vom Reißbrett“ vermietet, m.a.W. in einem noch zu errichtenden Geschäftshaus. Die Übergabe der Mieträume erfolgte im Dezember 2008, die Eröffnung des Geschäftshauses mit mehreren Mietern feiert man im März 2009. Für dieses erste Jahr 2009 setzt die Gemeinde die Grundsteuer durch Bescheid vom 09.01.2009 ausgehend von einem Grundsteuermessbetrag für ein unbebautes Grundstück auf 16.029,24 Euro festgesetzt. Mit Bescheid vom 11.01.2010 setzt sie die Grundsteuer - nunmehr aufgrund eines Grundsteuermessbetrags für ein Geschäftsgrundstück - auf 66.998,14 Euro fest. Der Vermieter legt dies anteilig mit insgesamt 45.310,63 Euro auf den Mieter um und beruft sich auf die eingangs genannte Klausel im Mietvertrag. Der Mieter zahlt nicht, worauf der Vermieter klagt.

Die Entscheidung:
Die Klage wird abgewiesen, die Entscheidung gründet auf § 305c Absatz 2 BGB. Die Klausel muss ausgelegt werden. Die Kernfrage lautet: Was soll die maßgebliche Vergleichsgröße für eine umlegbare Erhöhung sein? Der erste Bescheid vom 09.01.2009 oder erst der spätere Bescheid vom 11.01.2010? Der BGH beurteilt die Klausel als mehrdeutig im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB:

Für den Fall der Neufestsetzung der Grundsteuer aufgrund der Bebauung und Vermietbarkeit des Grundstücks bleibt bei der Auslegung unklar, ob die sich daraus ergebenden Differenzbeträge auf die Mieter umlegbar sind. Die Klausel verweist zwar auf die "erhobene" Grundsteuer bei Übergabe des Objekts und dies deutet darauf hin, dass es auf die behördliche Steuerfestsetzung ankommt, wie sie im konkreten Fall zum Zeitpunkt der Übergabe erfolgt ist. Allerdings ist in der Klausel auch von dem Objekt die Rede: der Wortlaut enthält damit auch einen Hinweis darauf, dass anstelle der tatsächlich festgesetzten Grundsteuer auch eine Erhöhung der von vorneherein auf das Mietobjekt bezogenen Grundsteuer gemeint sein kann. Denn bei dem „Objekt“ handelt es sich um das Mietobjekt, wie es sich aus der vertraglichen Vereinbarung ergibt, also nicht etwa ein unbebautes Grundstück, sondern die als Mietgegenstand vereinbarten Räume. Das lässt es wiederum als zumindest nicht fernliegend erscheinen, dass mit der erhobenen Grundsteuer diejenige gemeint ist, die für das bebaute Grundstück festzusetzen ist, und mithin die später so festgesetzte Steuer die Vergleichsgröße für auf die Mieter umzulegende Erhöhungen darstellt. Für eine ähnliche Klausel hat das OLG Celle ebenso entschieden; die Entscheidung ist abgedruckt in ZMR 1990, 410, 411; vgl. auch für den hiesigen Kammerbezirk die Entscheidung des OLG Hamm, abgedruckt in ZMR 1986, 198, 199).

Der Praxistipp:
Die Entscheidung überzeugt. Klauseln wie die hier beurteilte sind regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingungen („AGB“) der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterworfen und damit auch der Prüfung, ob sie „unklar“ formuliert sind. Zweifel bei deren Auslegung gehen nach dem Gesetz zu Lasten des Verwenders- also i.d.R. des Vermieters.

Dieser muss im o.g. Fall, für ihn nachteilig, bei der Berechnung von Erhöhungen den Bescheid vom 11.01.2010 zu Grunde legen. Hätte er von vorne herein die Grundsteuer einschränkungslos auf den Mieter umgelegt (und nicht nur „Erhöhungen“) oder aber formuliert " ...gegenüber der bei Übergabe des Objekts erstmals erhobenen Grundsteuer", wäre der Streit anders ausgegangen. Auch ein individuelles Aushandeln der Regelung hätte geholfen, denn die so genannte „Individualvereinbarung“ entzieht die gefundene Regel der Inhaltskontrolle durch die Gerichte.