Vor Abnahme die Aufrechnung erklärt: Vertragsstrafenvorbehalt nicht erforderlich!

Ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe infolgedessen bereits vollständig erloschen ist. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem am 22.12.2015 veröffentlichten Urteil vom 05.11.2015 entschieden (Bundesgerichtshof, Az.: VII ZR 43/15). Er gibt damit seine bisherige Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 04.11.1982 - VII ZR 11/82, abgedruckt in NJW 1983, Seite 384) auf.

Jeder erfahrene Auftraggeber weiß, dass er am sichersten fährt, wenn er sich Ansprüche aus einer nach seiner Meinung verwirkten Vertragsstrafe bei Abnahme der Werkleistung des Unternehmers ausdrücklich vorbehält. Dies gilt unabhängig von der vertragsgestalterischen Möglichkeit, im Bauwerkvertrag eine ausdrücklich von den gesetzlichen Regelungen (§ 341 II BGB für den BGB – Werkvertrag) bzw. bei Vereinbarung der VOB/B von deren § 11 Abs. 4 abweichende Regelung zu treffen:

*„Der Auftraggeber kann sich Vertragsstrafenansprüche noch bis zur Fälligkeit der Schlusszahlung vorbehalten.“

Praxistipp: Gleichgültig, ob der Auftraggeber die ausdrückliche Erklärung des Vorbehalts oder aber die nach neuester Rechtsprechung mindestens erforderliche vorherige Aufrechnungserklärung mit seinem Vertragsstrafenanspruch erinnern muss: Er muss für beide Handlungen eine gute Büroorganisation haben und darf die Erklärung keinesfalls vergessen! Die o.g. Klausel hat sich in der Praxis bewährt und sollte als „Sicherheitsnetz“ im Vertrag verankert werden.