Welche Probleme aus dem versäumten gemeinsamen Aufmaß entstehen

Haben die Bauvertragsparteien kein gemeinsames Aufmaß genommen, so muss der Auftragnehmer (AN) vortragen und ggf. beweisen, dass er die abgerechneten Bauleistungen tatsächlich erbracht hat. Der Auftraggeber (AG) kann sich auf ein einfaches Bestreiten der Richtigkeit des Aufmaßes beschränken; er muss weder ein eigenes Aufmaß vorlegen, noch sonst erläutern, weshalb das Aufmaß des AN falsch sein soll. Es besteht kein Bedürfnis, dem Auftraggeber im Falle eines einseitigen Aufmaßes erhöhte Substanziierungsanforderungen aufzuerlegen.

OLG Bamberg, Beschluss vom 11.04.2016 – 4 U 196/15

Was war geschehen?
Der AN verlangt vom AG restlichen Werklohn aus einem VOB-Einheitspreisvertrag. Die Abrechnung sollte nach Aufmaß auf der Grundlage einer Angebotssumme von ca. 25T€ erfolgen. Der AN verlangt nun mit seiner Schlussrechnung ca. 37T€. Der AG verweigert die Bezahlung und bestreitet mit der schlichten Behauptung „fehlerhaft angesetzter Massen“. Die Klage wird überwiegend abgewiesen, denn der AN habe nicht bewiesen, dass die abgerechneten Massen dem Umfang der von ihm ausgeführten Leistungen entsprechen. Den Beweis, dass ein gemeinsames Aufmaß stattgefunden oder der AG das Aufmaß des AN akzeptiert hat, kann der AN nicht erbringen. Die Richtigkeit des Aufmaßes des AN bleibt auch nach Begutachtung unbestätigt- all das geht zu dessen Lasten des AN, dessen Berufung erfolglos bleibt.

Wie entscheidet das Oberlandesgericht?
§ 14 Abs. 2 VOB/B sieht vor, dass die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen "möglichst gemeinsam" vorzunehmen sind. Auch ohne dieses gemeinsame Aufmaß kann der AN prüfbar abrechnen. Er verliert aber alle Vorteile eines vom beiderseitigen Einverständnis getragenen Aufmaßes und muss dann aufwändig vortragen und beweisen, dass er alle Leistungen tatsächlich erbracht hat. Weil es der AN in der Hand hat, den AG rechtzeitig über den geplanten Aufmaßtermin zu informieren und so ein gemeinsames Aufmaß herbeizuführen, darf sich der AG grundsätzlich auf ein einfaches Bestreiten der Richtigkeit des (einseitigen) Aufmaßes des AN beschränken. Anders nur, wenn der AG das gemeinsame Aufmaß verweigert und die einseitige Aufmaßnahme vereitelt- dann ist der AN schutzwürdig, vgl., unten.

Wie macht man es besser?
Eine rechtzeitige Ladung zum gemeinsamen Aufmaß ist das Mittel, solche kosten- und zeitintensiven Streitigkeiten zu vermeiden. Rechtzeitig heißt: Bevor Drittgewerke durch Baufortschritt (z.B. Trockenbauwände, die das Elektrikergewerk verschließen) ein Aufmaß vereiteln. Achtung: Es sind sehr wohl Konstellationen denkbar, in denen der Auftraggeber vorzutragen und zu beweisen hat, welche Massen zutreffend bzw. dass die vom Auftragnehmer angesetzten Massen unzutreffend sind. Beispiel: Bleibt der Auftraggeber dem Termin zum gemeinsamen Aufmaß fern und ist ein neues Aufmaß oder eine Überprüfung des einseitig genommenen Aufmaßes nicht mehr möglich, hat er im Prozess des Auftragnehmers auf Zahlung des Werklohnes vorzutragen und zu beweisen, welche Massen zutreffend oder dass die vom Auftragnehmer angesetzten Massen unzutreffend sind (BGH, Urteil vom 22.05.2003 - VII ZR 143/02)