Wichtiges Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs: Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietwohnung auch ohne vorherige Fristsetzung!

In einer am 28. Februar 2018 ergangenen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) einem Vermieter Ersatz für Schäden an der Mietsache zugesprochen; entgegen langjähriger Praxis der Untergerichte setze der Anspruch nicht voraus dass der Vermieter zuvor eine angemessene Frist zur Schadensbeseitigung gesetzt habe.

Was war passiert?

Der Beklagte war für einige Jahre Mieter einer Wohnung des Klägers. Nach einvernehmlicher Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung verlangte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung von Obhuts- und Sorgfaltspflichten. Eine Frist zu Beseitigung der betreffenden Schäden hatte er dem beklagten Mieter zuvor allerdings nicht gesetzt. Die Klageforderung von gut 5.000 Euro nebst Zinsen hat dennoch Erfolg: Nach Ansicht der Vorinstanzen schuldet der Beklagte Schadensersatz wegen eines von dem Beklagten zu verantwortenden Schimmelbefalls in der Wohnung, wegen mangelnder Pflege der Badezimmerarmaturen und eines Lackschadens an einem Heizkörper, schließlich auch wegen eines schadensbedingten mehrmonatigen Mietausfalls. Dabei ist das Berufungsgericht nicht der Auffassung des Beklagten gefolgt, wonach Schadensersatz nur nach dem erfolglosen Ablauf einer ihm vorliegend nicht gesetzten Frist zur Schadensbeseitigung hätte verlangt werden können.

Die Revisionsentscheidung des BGH:

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Vermieter wegen Beschädigung der Mietsache geltend gemachter Schadensersatzanspruch keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung gegenüber dem Mieter voraussetzt. Er urteilt, das in § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB als Anspruchsvoraussetzung vorgesehene Fristsetzungserfordernis gelte lediglich für die Nicht- oder Schlechterfüllung von Leistungspflichten durch den Schuldner. Nur dort müsse der Gläubiger i.d.R. zunächst eine weitere Gelegenheit zur Erfüllung der Leistungspflicht geben; Erst danach dürfe er statt der geschuldeten Leistung Schadensersatz verlangen. Praxisbeispiel aus dem Mietrecht: Vernachlässigen einer Pflicht zur Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter.

Die Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu halten und insbesondere die Räume aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln, sei demgegenüber eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB. Deren Verletzung begründet einen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz (neben der Leistung) bereits bei Vorliegen der in § 280 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen mit der Folge, dass der Vermieter bei Beschädigungen der Mietsache gemäß § 249 BGB entweder Schadensbeseitigung oder sofort Geldersatz verlangen kann. Dies setzt gerade keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbehebung voraus. Dabei spielt keine Rolle, ob der Vermieter einen entsprechenden Schadensersatz bereits vor oder (wie im entschiedenen Fall) erst nach der in § 546 Abs. 1 BGB geregelten Rückgabe der Mietsache geltend macht.

Praxistipp:

Die subtile Unterscheidung, die der BGH seiner Entscheidung zugrunde legt, ist für Vermieter nicht selten schwer zu treffen. Im Einzelfall ist juristische Beratung zu empfehlen, denn die Konsequenzen einer fehlenden Fristsetzung können finanziell schwerwiegend sein: Zuerst ist zu prüfen, ob eine Nebenpflicht oder eine andere, gesetzliche oder vertraglich wirksam auf den Mieter übergewälzte Pflicht verletzt ist; schon diese Unterscheidung kann schwer sein. Sodann ist aus der jeweiligen Situation heraus zu entscheiden, ob eine Fristsetzung notwendig oder etwa aus gesetzlichen Gründen entbehrlich ist.

BGH, Urteil vom 28.02.2018, Geschäftszeichen VIII ZR 157/17